Pamphlet

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by Luise Würth

Choose Your Fighter: Climate-Justice-Edition

Nina (1993) und Helena (2002) Gualinga
Die beiden Schwestern sind Teil der Kichwa-sprechenden Sarakayu des ecuadorianischen Regenwaldes. Sie setzen sich für den Schutz der Amazonasregion ein, kämpfen gegen Ölbohrungen und Wasserverschmutzung und für die Rechte indigener Gemeinschaften. Die Gebiete der Sarakayu im Amazonas sind über Staatsgrenzen hinweg von Auswirkungen globaler Erwärmung und vermehrten Überflutungen betroffen und werden zudem von Ölbohrungen großer Unternehmen und der dafür nötigen Abholzung des Regenwaldes akut bedroht. 2012 verklagten die Sarakayu die ecuadorianische Regierung – die Ölbohrungen auf ihrem Gebiet vornehmen wollte – vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in Costa Rica und bekamen Recht. Gemeinsam mit anderen initiierten die Schwestern eine Deklaration, die „Kawsak Sacha or Living Forest Declaration“, um für die Einführung einer neuen Rechtskategorie für den permanenten Schutz indigenen Landes zu kämpfen.

Autumn Peltier (*2004)
Seit sie acht Jahre alt ist, tritt Autumn Peltier – selbst Anashinaabe der Wiikwemkoong First Natiion auf Manitoulin, in Ontario, Kanada – für die Rechte der First Nations ein, welche massiv von kolonialem Umweltrassismus betroffen sind. Wasser muss meist abgekocht werden, bevor es trinkbar ist, oder aber in Plastikflaschen gekauft werden. Schon mit 15 übernimmt Autumn Peltier die Rolle der „Chief Water Comissioner“ der Wiikwemkoong. Sie vertritt das Recht auf sauberes Wasser gegenüber der kanadischen Regierung. Der Zugang zu sauberem Wasser wird immer wieder durch den Bau von Ölpipelines oder durch Ölbohrungen bedroht. „We can‘t eat money or drink oil“, sagt sie dazu.

Licypriya Kangujam (2011)
Mit acht Jahren begann Licypriya Kangujam vor dem Parlament in Neu Dehli zu protestieren. Sie fordert ein sofortiges Reagieren der indischen Regierung auf die Klimakriese sowie die Aufklärung der Bevölkerung über den Klimawandel. Sie könne nicht einfach weiter zur Schule gehen, sagt sie: „Mein Leben fängt an, während die Welt ihrem Ende entgegengeht.“ Sie organisiert Demonstrationen im ganzen Land und spricht auf internationalen Klimakonferenzen wie der COP25. 2019 stellte sie das symbolische „Survival Kit fort he Future“ vor: Eine Pflanze in einem Rucksack versorgt die Trägerinnen durch Schlauch und Maske mit frischer Luft, wenn die Luftverschmutzung wieder einmal zu hoch ist.

Leah Namugerwa (*2004)
Als sie 2018 die Berichte über Erdrutsche und Überflutungen in Teilen Ugandas in den Nachrichten sah, politisierte sie sich und begann schließlich jeden Freitag für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Gemeinsam mit Sadrach Nirere, Hilda Flavia Nakabuye und Bob Motayu rief sie „Fridays for Future Uganda“ ins Leben. Sie fordern mehr Maßnahmen zum Schutz des Klimas, darunter ein Verbot von Plastiktüten. Regelmäßig pflanzen sie Bäume und informieren so andere, warum es wichtig ist, die Umwelt zu schützen. Vor allem aber, setzt sie sich für mehr Berichterstattung zum Thema Klimawandel in den ugandischen Medien ein – um so ein Bewusstsein zu schaffen.

Jamie Margolin (2001)
Vom Ausmaß der Zerstörung des Hurrikans Maria auf Puerto Rico und den Waldbränden in Kanada und im Nordwesten der USA angetrieben, begann Jamie Margolin sich 2017 aktivistisch zu engagieren. Als Mitbegründerin der Jugendbewegung „Zero Hour“ kämpft sie an der Seite anderer Aktivistinnen für einen intersektionalen Ansatz im Kampf für Klimagerechtigkeit und organsiert Proteste in den USA. Die Kolumbianisch-US-Amerikanische Aktivistin ist jüdisch und queer-lesbisch und sagt, dass ihre Identität ihre Perspektive auf Klimagerechtigkeit maßgeblich prägt und sie Klimaschutz mit Themen der sozialen Gerechtigkeit zusammendenken lässt. Sie ist eine der dreizehn Kläger*innen im Fall „Our Childre’s Trust“ – einer US-Amerikanischen Anwaltskanzlei, die gemeinsam mit jungen Menschen für rechtliche Schritte gegen den Klimawandel eintritt – gegen den Staat Washington, weil dieser ihrer Generation durch Mangel an Klimaschutz eine lebenswerte Zukunft verbaue. Die Klage wurde 2018 vorgelegt.

Greta Thunberg (2003)
Als Europa 2018 von einer Dürre- und Hitzewelle trockengelegt wurde, begann die damals fünfzehnjährige Greta Thunberg mit einem Schild mit dem Slogan „Skolstrejk för klimatet“ (dt. Schulstreik fürs Klima) – kurz vor den Wahlen – täglich vor dem schwedischen Parlament zu demonstrieren. Nach der Wahl protestierte sie weiterhin, immer freitags. Der Protest ging um die Welt und fand international viele Gleichgesinnte. Die jungen Menschen begannen sich unter #fridaysforfuture zu organisieren: eine Bewegung war geboren. Seitdem zählt Greta zu einer der wichtigsten Klimaaktivistinnen. Sie spricht auf Klimakonferenzen und unterstützt Proteste weltweit. Ihrem unermüdlichen Einsatz für Klimaschutz wird von konservativer Seite oft auch mit Häme, Misogynie, Whataboutism, Ableismus und auch Mord- und Gewaltandrohungen begegnet. Gewitzt stellt sie sich den mächtigen (oft) Männern entgegen – darunter der ehemalige US-Präsident Donald J. Trump, Toxic-Masculinity-Andrew Tate, oder aber auch CDUler Friedrich März.

Klimawandel – die gestörte Balance 1

Die Bedeutung der Atmosphäre für das Leben auf der Erde lässt sich kaum überschätzen. Menschen benötigen die Lufthülle nicht nur Atemzug für Atemzug – sie hätten sich auch nie entwickelt, wäre ihr Planet nicht mit einer dünnen Gasschicht umgeben. Diese ist im Vergleich zur Größe der Erdkugel nicht dicker als die Schale an einem Apfel, aber hier spielen sich die wesentlichen Vorgänge von Wetter und Klima ab, hier entscheidet sich die Energiebilanz des Planeten. Und die Menschheit hat angefangen, hier einzugreifen, lange bevor sie richtig verstanden hatte, was sie da tut.
Die wichtigste Weichenstellung in der Atmosphäre geschah jedoch, bevor die Evolution höhere Lebensformen hervorbringen konnte. Die Gashülle enthielt und enthält neben den Hauptbestandteilen Stickstoff, Sauerstoff und dem Edelgas Argon auch Spurengase, darunter Wasserdampf, Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4). Diese verursachen einen entscheidenden Temperatursprung. Dabei geht es um die Strahlungsbilanz der Erde: Diese muss nach physikalischen Gesetzen im Großen und Ganzen genauso viel Energie als (langwellige) Wärmestrahlung wieder ans All abgeben, wie sie als (kurzwelliges) Licht von der Sonne erhält. Bliebe die Balance langfristig verletzt, müsste sich die Erdoberfläche aufheizen oder abkühlen, bis sich eintreffende und ausgestrahlte Energie wieder die Waage halten.

Allerdings reicht das Sonnenlicht eigentlich nur für eine globale Durchschnittstemperatur von minus 18 Grad. Träfe es auf einen nackten Planeten oder eine Atmosphäre ohne die Spurengase, dann bliebe die Oberfläche permanent gefroren. Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan und andere Stoffe in der Atmosphäre aber helfen, den Punkt dieses Strahlungsgleichgewichts auf etwa plus 14 Grad Celsius zu verschieben. Ihre Moleküle fangen Energiequanten der ins All strebenden Wärmestrahlung auf. CO2 und CH4 zum Beispiel vibrieren kurz und strahlen die Energie dann wieder ab, und zwar in eine zufällige Richtung. Ein Teil davon gelangt also wieder auf die Oberfläche, die sich stärker erwärmen kann, als es ohne die Spurengase möglich gewesen wäre. Nach außen bleibt das nötige Strahlungsgleichgewicht gewahrt, aber innen ist es wärmer, als es sonst wäre. Die Erde ist wie von einem Glasdach abgedeckt, das kurzwellige Sonnenstrahlung eintreten aber nur einen Teil langwelliger Wärmestrahlung austreten lässt – unter dem Glasdach wird es also wärmer. Dieses Phänomen wird natürlicher Treibhauseffekt genannt [1]; daran beteiligt sind neben Wasserdampf, Kohlendioxid und Methan auch Lachgas (N2O) und einige andere Stoffe. Nur das hat die Existenz von flüssigem Wasser auf der Erdoberfläche ermöglicht, in und mit dem sich das Leben entwickeln konnte.[2]

  • 1. Gesamter Artikel von Christopher Schrader für bpb.de vom 03.03.2023. https://www.bpb.de/themen/klimawandel/dossier-klimawandel/517115/klimawandel-die-gestoerte-balance/. (aufgerufen am 30.03.2023). Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0.
  • Anthropogener Treibhauseffekt
    Etliche Jahrmillionen später fing die dominierende Lebensform der Erde – Homo sapiens – damit an, in den Treibhauseffekt einzugreifen. Die Menschheit hat seit Beginn der industriellen Revolution zur Energiegewinnung Kohle gefördert und verbrannt, später auch Erdöl und Erdgas. Diese lagen zuvor sehr lange sehr tief unter der Erde und waren den Kreisläufen des Lebens entzogen. Der Kohlenstoff darin gelangt nun seit etwa 150 Jahren, einem geologischen Wimpernschlag, in Form von CO2 in die Lufthülle. Auch das Abholzen von Regenwäldern setzt das Treibhausgas frei. Deswegen wuchs die Menge von Kohlendioxid in der Atmosphäre in jüngsten Jahren und lag in 2022 bei etwa 40 Milliarden Tonnen. Der Anteil des Spurengases hat stark zugenommen. Lag die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre vor Beginn der Industrialisierung bei 280 ppm [3] (parts per million, Teile pro Million), so erreichte der Spiegel im Jahr 2022 Werte von 420 ppm – das Anderthalbfache. In einer Berechnung des Effekts auf die Temperaturen, die der Weltklimarat (IPCC) 2021 erstellt hat, ist CO2 der größte Einzelposten für die Erderhitzung. [4] Auf dem zweiten Platz liegt Methan. Auch von diesem Gas gelangt durch menschliches Handeln immer mehr in die Atmosphäre: zum Beispiel aus der Landwirtschaft (Viehhaltung, Reisanbau) oder aus Kohlebergwerken sowie Bohrungen nach Erdgas oder Erdöl. Der Anteil an der Atmosphäre hat sich seit Beginn der Industrialisierung auf knapp 2 ppm mehr als verdoppelt. Methan hat Molekül für Molekül eine deutlich größere Treibhauswirkung als CO2, wird in der Atmosphäre aber viel schneller abgebaut.
    Gesteigerte Mengen von Wasserdampf üben dagegen nur wenig Einfluss aus. Ihre Zunahme ist vor allem eine Folge der Erwärmung und verstärkt sie, gilt aber nicht als unabhängige Ursache dafür. Die Menge, die durch Bewässerung oder die Kühlung von Kraftwerken, also als Folge menschlichen Handelns zusätzlich in die Atmosphäre gelangt, ist außerdem im Vergleich zu den natürlichen Prozessen von Verdunstung und Kondensation sehr gering.
    Die Treibhausgase insgesamt machen weitaus weniger als ein Prozent in der Atmosphäre aus. Verändert sich jedoch ihre Konzentration, hat dies Einfluss auf den Treibhauseffekt und somit auf die Temperaturen.
    Die Zunahme der Spurengase hat messbare Folgen: Das Jahr 2022 war im globalen Mittel etwa 1,15 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt der Jahre von 1850 bis 1900, die als Maß der vorindustriellen Zeit gelten. Und 2022 war kein Ausreißer, nicht einmal das wärmste Jahr der Messreihe. Es gehörte zur neuen Normalität: Die Meteorologische Weltorganisation ermittelte Anfang 2023, dass die acht Jahre 2015 bis 2022 zugleich die acht wärmsten Jahre in der globalen Temperaturstatistik waren.
    Zusätzlich zum natürlichen gibt es inzwischen also einen menschengemachten, anthropogenen Treibhauseffekt. Er wird meist „der Klimawandel“ genannt, denn die langjährigen Mittelwerte über messbare Wetterphänomene wie Temperaturen, Niederschlagsmengen [5] oder die Stärke von Stürmen [6] verändern sich erkennbar.

    Wie sich das Klima geändert hat
    Für die Natur ist der momentane Klimawandel nicht der erste, aber der weitaus schnellste seit mindestens 65 Millionen Jahren. [7] Im Lauf der Erdgeschichte haben sich die Verhältnisse immer wieder drastisch verändert. Vor etwa 55 Millionen Jahren etwa lag die Durchschnitts-Temperatur der Erde fast 15 Grad höher als heute.[8] Damals enthielt die Atmosphäre deutlich mehr CO2. Während der jüngsten Eiszeit bis vor etwa 11.000 Jahren wiederum war es bis zu fünf Grad im Mittel kälter. Zyklische Variationen der Erdbahn um die Sonne hatten diese kalte Phase ausgelöst; entscheidend verstärkt wurde sie vom Mangel des Treibhausgases in der Atmosphäre. Um so weit in die Vergangenheit zu blicken, nutzen Klimaforscher:innen

    [Anmerkung Faggot For Future: Die Bundeszentrale für politische Bildung gendert mit einem Doppelpunkt. Tatsächlich erleichtern die Doppelpunkte für blinde und sehbehinderte Menschen, die auf Screenreader angewiesen sind, das Lesen im Gegensatz zum Sternchen nicht. Faggot for Future wird also außerhalb dieses Artikels mit Gendersternchen gendern.]

    Ersatzdaten, sogenannte Proxys, in denen sich Spuren der damaligen Verhältnisse finden. Sie stammen aus Baumringen, Eisbohrkernen, Sedimenten, Tropfsteinen aus Höhlen oder Ablagerungen radioaktiver Elemente. Gerade letztere zeigen: Die ausgestrahlte Energie der Sonne selbst schwankte im Laufe der Zeit kaum: Seit etwa 9000 Jahren sind die zyklischen Abweichungen kleiner als ein Promille.
    Zwischen dem endgültigen Ende der Eiszeit und circa 1850 haben sich auch die mittleren Oberflächentemperaturen kaum verändert. [9] Diese große Stabilität hat die Ausbreitung der Menschheit und die Entwicklung der Zivilisation begünstigt und geht jetzt zu Ende: statt um 0,01 Grad pro Jahrhundert verändert sich die Durchschnittstemperatur zurzeit um etwa 1,5 bis 2,0 Grad, wenn man sie auf 100 Jahre hochrechnet.
    Dennoch gab es immer wieder kurzfristige oder regionale Ausreißer. Das liegt zum einen an den Vulkanen: Im April 1815 zum Beispiel brach im heutigen Indonesien der Tambora aus und schleuderte gewaltige Mengen Schwefelpartikel in die höhere Atmosphäre, die dort das Sonnenlicht abschirmten. Die Folge war 1816 ein „Jahr ohne Sommer“ mit Ernteausfällen und Hungersnot mindestens in Europa und Nordamerika.
    Zum anderen gibt es Variationen, die mit vorübergehenden Veränderungen der Meeresströmungen zusammenhängen könnten. So verzeichnet die europäische Geschichte eine warme Periode von 900 bis 1400 und danach eine sogenannte kleine Eiszeit: Damals malten Künstler des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder Szenen aus strengen Wintern mit zugefrorenen Wasserflächen. Das betraf allerdings vor allem Europa. In anderen Teilen der Welt variierten die Temperaturen zwar auch nach oben oder unten, aber zu anderen Zeiten.
    Es gibt nur eine Ausnahme: Seit der Industrialisierung wird es auf der ganzen Welt gleichzeitig wärmer, und die Thermometer-Werte steigen schneller als je zuvor. Beides gehört zu den vielen sicheren Zeichen, dass sich die momentane Erderhitzung von Veränderungen in der Vergangenheit unterscheidet, sehr viel gefährlicher ist und von der Menschheit ausgelöst wurde. Über diese grundlegenden Erkenntnisse gibt es inzwischen einen Interner Link: sehr breiten Konsens in der Klimaforschung. [10]

    Klima und Wetter vorhersagen
    Dennoch kann die Wissenschaft längst nicht alle Details im Klimasystem mit hoher Präzision erklären. Die verschiedenen Teilsysteme, die die Verhältnisse auf der Erde prägen, greifen auf vielfältige Weise ineinander: Gletscher, Flüsse und Ozeane, Atmosphäre und Biosphäre, arktische Eiskappen, mittlere Breiten und Tropen, Wälder und Wüsten.
    Das Wetter zum Beispiel wird geprägt durch entstehende und vergehende Tief- oder Hochdruckgebiete, die Winde wehen und Wolken ziehen lassen. Unmöglich, sich auch nur zu einem einzigen Zeitpunkt ein vollständiges Bild zu verschaffen. Große Spezialcomputer können, gefüttert mit möglichst vielen Daten von Wetterstationen, inzwischen etwa eine Woche in die Zukunft rechnen und brauchbare Prognosen liefern.
    Um darüber hinaus Muster oder Trends zu erkennen, bilden Meteorolog:innen langjährige Mittelwerte über die Wettermessungen; die typische Referenzperiode ist 30 Jahre lang. Diese Mittelwerte beschreiben das Klima. So lässt sich angeben, wie warm es an einem Ort im Durchschnitt ist, oder mit wie viel Niederschlag man dort rechnen kann. So war es in Deutschland zwischen 1961 und 1990 im Mittel 8,2 Grad Celsius warm, zwischen 1991 und 2020 waren es 9,3 Grad. Der Mittelwert über die Temperaturen der gesamten Welt wiederum zeigt, dass sich die globale Oberfläche inklusive der Ozeane zwischen den beiden Zeiträumen von 1850-1900 und 2010-2019 um fast 1,1 Grad Celsius aufgeheizt hat. [11]
    Die Betrachtung des Klimas erlaubt es, viel weiter als beim Wetter in die Zukunft zu rechnen, weil Temperaturen oder Niederschläge nicht für einen bestimmten Ort an einem bestimmten Tag vorhersagt werden müssen. So veröffentlicht der Weltklimarat IPCC Projektionen, wie die globalen Temperaturen bis zum Jahr 2100 und darüber hinaus steigen. Er muss dafür allerdings Szenarien zugrunde legen, welche Mengen von Treibhausgasen die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten noch ausstößt: In einer Zukunft, in der die Welt zum Beispiel weiterhin voll auf die fossilen Brennstoffe setzt, könnten die Temperaturen um 4,7 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit ansteigen. [12]

    Langjähriges Klimawissen
    Die Erhitzung der Erde hat die Klimawissenschaft nicht wirklich überrascht: Seit 1820 dachten Naturforscher:innen in mehreren Ländern über den Einfluss von Kohlendioxid und anderen Gasen auf den natürlichen Treibhauseffekt nach. Darunter war auch eine über Jahrzehnte ignorierte US-Amerikanerin, Eunice Foote [13]: Sie ließ verschlossene Glaszylinder von der Sonne erwärmen und stellte fest, dass die Temperatur stärker zunahm, wenn das Gefäß mehr CO2 enthielt. Um das Ende des 19. Jahrhunderts herum veröffentlichte der Schwede Svante Arrhenius erste Berechnungen über den Ausstoß von Fabriken, die Kohle verbrannten, und über eine mögliche Verdopplung des CO2-Spiegels: Dies könne die globalen Temperaturen um 5 bis 6 Grad Celsius steigern, befand er. Heute gilt ein Wert von drei Grad als Stand der Wissenschaft. 1988 war dann der NASA-Forscher James Hansen einer der ersten, der Klimawandel und globale Erwärmung öffentlich und laut als Realität – statt als Möglichkeit – darstellte. „Der Treibhauseffekt ist hier“, sagte er einem Ausschuss des US-Senats.

    Folgen der Erderhitzung
    Heute ist der Klimawandel vor allem an der Zunahme gefährlicher Extremwetter-Ereignisse wahrzunehmen. Ein neuer Zweig der Klimawissenschaft, die sogenannte Attributionsforschung, hat Methoden entwickelt, den Einfluss des Klimawandels auf Hitzewellen oder Starkregenfälle zu berechnen. Die erste solche Studie untersuchte die Hitzewelle 2003 in Europa, bei der etwa 70.000 Menschen vorzeitig starben. Sie sei durch den Anstieg der Treibhausgase mindestens doppelt so wahrscheinlich geworden, ergab die Auswertung. Vergleichsmaßstab war eine fiktive Welt ohne gesteigerte Emissionen. [14] Eine der neuesten Analysen erklärte Ende Dezember 2022, die Hitzewelle des Südfrühlings in Argentinien und angrenzenden Ländern sei um den Faktor 60 wahrscheinlicher geworden.
    Auch Aussagen zu extremen Niederschlägen sind möglich, obwohl sich die Klimamodelle, die solchen Berechnungen zugrunde liegen, damit schwerer tun als mit Temperaturen. Dennoch erkannten die Wissenschaftler:innen auch bei den Sturzfluten vom Juli 2021 an Ahr und Erft die Signatur der Erderhitzung. Sie habe das Risiko für eine solche Katastrophe deutlich gesteigert, ergab damals eine Analyse; eine Zunahme auf das Fünffache lag in der Mitte des Vertrauensbereichs der Berechnung und wurde von dem Forschungsteam in der Vorstellung ihrer Studie als Beispiel genannt.
    Solche Berechnungen belegen nicht, dass Extremereignisse ohne Klimawandel niemals aufgetreten wären. Die globale Veränderung verschiebt die Kurve der Wahrscheinlichkeiten für einzelne Ereignisse: Die Frequenz, mit der heiße Tage (mindestens 30 Grad Maximaltemperatur) oder Tropennächte (nicht unter 20 Grad) auftreten, nimmt deswegen zu. Auch in einer um 2 Grad wärmeren Welt bleiben aber zum Beispiel besonders kalte, schneereiche Winter möglich, sie treten nur deutlich seltener als früher ein, dafür werden milde Winter häufiger.
    Beim Blick in die Zukunft hält die Klimaforschung noch weitaus gefährlichere Folgen der Erderhitzung für möglich. Fünf Milliarden Menschen könnten insbesondere in Afrika und Südasien schon 2050 Probleme mit Trinkwasser und Landwirtschaft bekommen, zeigt eine Studie von 2019. Ein Jahr später warnten 11.000 Forscher:innen aus aller Welt vor Klimanotstand und „beispiellosem Leid“.[15]

    „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die moralische Verpflichtung, die Menschheit eindeutig vor einer katastrophalen Bedrohung zu warnen und „die Dinge beim Namen zu nennen“. Auf der Grundlage dieser Verpflichtung […] erklären wir zusammen mit mehr als 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt klar und deutlich, dass der Planet Erde mit einem Klimanotstand konfrontiert ist.“ World Scientists’ Warning of a Climate Emergency.

    Genauere Prognosen stehen aber unter einer fundamentalen Ungewissheit. Niemand kann vorhersagen, wie konsequent die Staaten der Welt die bisher verkündeten Maßnahmen umsetzen. Bleibt es bei den bereits beschlossenen Gesetzen und Initiativen, so analysiert die Organisation Climate Action Tracker (CAT), dürften die globalen Temperaturen bis 2100 um 2,7 Grad steigen.
    Die 1,5-Grad-Grenze aus dem Pariser Abkommen ist hingegen nur unter allerbesten Bedingungen vielleicht zu halten, wenn die Staaten auch alle Ziele wahr machen und Gesetze einhalten. Es geht vor allem um Ankündigungen, bis 2050 Netto-Null zu erreichen, wie sie etwa die Europäische Union gesetzlich festgehalten hat.
    Das bedeutet, nach starken Reduktionen der Emissionen nicht mehr Treibhausgase auszustoßen, als gleichzeitig aufgeforstete Wälder oder technische Anlagen der Atmosphäre entnehmen können. Deutschland will dieses Ziel bereits 2045 erreichen.
    Die Beschlüsse und Maßnahmen dazu sind aber nach Analyse von CAT unzureichend – wie bei den meisten Ländern.

    [1] IPCC. The Climate System: an Overview (2018). https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/03/TAR-01.pdf
    [2] Dodd, M., Papineau, D., Grenne, T. et al. Evidence for early life in Earth’s oldest hydrothermal vent precipitates. Nature 543, 60–64 (2017). https://doi.org/10.1038/nature21377
    [3] IPCC, AR6, WG1, Ch02, S. 301, Figure 2.4 b, https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Chapter02.pdf
    [4] IPCC, AR6, WG1, SPM, Figure SPM.2 c. https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Chapter02.pdf
    [5] Ute Kehse. Mehr Regen im Winter, mehr Dürren im Sommer (2017). https://www.mpg.de/11178333/klimawandel-wassersysteme
    [6] Wang, G., Wu, L., Mei, W. et al. Ocean currents show global intensification of weak tropical cyclones. Nature 611, 496–500 (2022). https://doi.org/10.1038/s41586-022-05326-4
    [7] Noah S. Diffenbaugh, Christopher B. Field. Changes in Ecologically Critical Terrestrial Climate Conditions. Science, Vol 341, Issue 6145, pp. 486-492 (2013). https://www.science.org/doi/10.1126/science.1237123
    [8] IPCC, AR6, WG1, Ch 2, Box 2.1, Seiten 295/6, https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Chapter02.pdf
    [9] Osman, M.B., Tierney, J.E., Zhu, J. et al. Globally resolved surface temperatures since the Last Glacial Maximum. Nature 599, 239–244 (2021). https://doi.org/10.1038/s41586-021-03984-4
    [10] Klimafakten.de. „Gibt es wirklich einen Klimawandel?“ (2010). https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibt-noch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel
    [11] IPCC, AR6, WG1, SPM, Statement A.1.3, https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_SPM.pdf
    [12] IPCC, AR6, WG1, SPM, Figure SPM.8, https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_SPM.pdf
    [13] McNeil, Leila. This Suffrage-Supporting Scientist Defined the Greenhouse Effect But Didn’t Get the Credit, Because Sexism (2016). https://www.smithsonianmag.com/science-nature/lady-scientist-helped-revolutionize-climate-science-didnt-get-credit-180961291/
    [14] Stott, P., Stone, D. & Allen, M. Human contribution to the European heatwave of 2003. Nature 432, 610–614 (2004). https://doi.org/10.1038/nature03089
    [15] William J Ripple, Christopher Wolf, Thomas M Newsome, Phoebe Barnard, William R Moomaw, World Scientists’ Warning of a Climate Emergency, BioScience, Volume 70, Issue 1, January 2020, Pages 8–12, https://doi.org/10.1093/biosci/biz088

    Homo what?! The Circle of Life: Homöostase

    Das Wort Homöostase kommt aus dem altgriechischen und bedeutet Gleichstand – klar, homo, gleich, kennen wir. In biologischen Systemen bezeichnet Homöostase die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des inneren Gleichgewichts, das für das Funktionieren eines Organismus oder eines Organs oder eben eines Systems notwendig ist. Durch verschiedene physikalisch-chemische, biochemische und teilweise sehr komplexe Regulationsmechanismen können Organismen ihr internes Milieu konstant halten und Störungen sofort ausgleichen. Die ökologischen Kreisläufe regulieren sich selbst. Die Natur funktioniert als in Systemen, die alles von unserem Körper, der Umwelt um uns herum bis zu unserem kosmischen Körper (nicht dein Sternzeichen, sondern die Erde, duuh) im Gleichgewicht halten, in dem alles, was droht uns aus der Balance zu bringen, ausgeglichen wird. Die Homöostase bildet das Gegenstück zur kapitalistischen Wachstumslogik – und wird gleichzeitig von ihr zerstört. Wenn Profite sich stetig steigern sollen, werden dafür auch stetig mehr Ressourcen benötigt. Wie alles funktioniert das Gleichgewicht ökologischer Systeme nur in einem bestimmten Rahmen, sonst gäbe es keine Krankheiten und auch keine Klimakriese. Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im Namen des wirtschaftlichen Wachstums bringt unsere Umwelt so sehr ins Wanken, dass ein Gelichgewicht nicht wieder hergestellt werden kann. Wir können nicht auf einem Bein stehen und Balance halten, wenn uns das Bein weggeschlagen wird – das kann nicht mal ein Flamingo. Das System wird so sehr gestört, sagen wir durch ein hohes Fieber oder eine Erderwärmung, dass diese Störung nicht ausgeglichen werden kann. Die Resultate sind Trockenheit, Waldbrände, Erdrutsche, Überflutungen, Gletscherschmelzen… Wenn wir also weiterhin reihenweise Flamingos das Standbein wegkicken, dann ist nichts mehr mit homo.

    Was ist eigentlich mit dem Ozonloch? (hihi, Loch)

    Bei der Ozonschicht handelt es sich um einen Bereich innerhalb der unteren Stratosphäre, in dem sich in hoher Konzentration das Spurengas Ozon (O3) angesammelt hat. In einer Höhe von 15 bis 30 Kilometern umgibt er die Erde und schwächt die UV-Strahlung der Sonne so weit ab, dass sie für Lebewesen nicht mehr schädlich ist. Wird diese Schutzschicht beschädigt, ist von einem Ozonloch die Rede – es führt dazu, dass die Sonnenstrahlung die Erdoberfläche in voller Stärke trifft. 
    Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) gehören wie Tetrachlorkohlenstoff (CCl4) zu den Gasen, die, wenn sie in hohen Mengen ausgestoßen werden, diesen Schutzmantel beschädigen oder zerstören können. FCKW halten das in der Stratosphäre vorhandene Ozon auf und reduzieren dadurch seine Dichte – ein Ozonloch entsteht.
    Britische Forscherinnen stellten das Ozonloch erstmals 1985 über dem Südpol und Jahrzehnte später im Jahr 2020 auch über dem Nordpol fest. Bereits Jahre bevor es, das erste Mal entdeckt wurde, warnten Forschende und Umweltaktivistinnen, dass der fortlaufende Betrieb von Fabriken und anderen FCKW-Produzenten einen solchen Schaden verursachen kann. Im September 1987 unterzeichneten 197 Staaten.

    das Montreal-Protokoll – es verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, dafür zu sorgen, dass die Ozonschicht nicht weiter zerstört wird.
    Greenpeace und andere Akteurinnen der Umweltbewegung thematisierten das Ozonloch seit seiner Entdeckung. Die Kampagnen führten Mitte der neunziger Jahre dazu, dass die EU die Verwendung von FCKW verbot. Unternehmen müssen seitdem Kühlmittel und Treibmittel für Spraydosen durch weniger schädliche Stoffe ersetzen.2 „Greenfreeze“ hieß der erste FCKW- und FKW-freie Kühlschrank, mit dem Wolfgang Lohbeck und seine Mitstreiterinnen aus der Hamburger Deutschlandzentrale von Greenpeace Technikgeschichte schrieben – einer der bis heute größten Erfolge der Umweltorganisation.

  • 2. Textauszüge von https://www.greenpeace.de/klimaschutz/klimakrise/ursache-wirkung-ozonlochs . (aufgerufen am 01.04.2023).
  • Around the Globe: Klimaabkommen

    Das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fasst die verabschiedeten sogenannten Klimaabkommen und -protokolle folgendermaßen zusammen.3

    [Anmerkung Faggot For Future: Spoiler! Ob sich deutsche Ministerien und Regierungen auch wirklich daranhalten, ist eine andere Geschichte. Cliff Hanger!]

    1992 verabschiedete die internationale Staatengemeinschaft bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro das erste völkerrechtlich verbindliche Abkommen zum Klimaschutz, das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC).
    1997 trafen sich die Vertragsstaaten in der japanischen Stadt Kyoto, um über die konkrete Umsetzung der Klimarahmenkonvention zu verhandeln. Als Ergebnis einigten sich die Teilnehmer auf das sogenannte Kyoto-Protokoll. Es war das bis dahin weitreichendste Umweltabkommen, das jemals unterzeichnet worden war, weil es auf alle Wirtschaftsbereiche konkrete Auswirkungen hatte. Nach einem zeitaufwendigen Ratifizierungsprozess trat das Kyoto-Protokoll im Februar 2005 in Kraft. Die USA haben es als einziger Industriestaat nicht ratifiziert.
    Das zentrale Ziel des Kyoto-Protokolls bestand darin, den Ausstoß der sechs wichtigsten Treibhausgase zu begrenzen. Im Zeitraum von 2008 bis 2012 sollte er im Durchschnitt um 5,2 Prozent im Vergleich zum Wert von 1990 gesenkt werden. Deutschland verpflichtete sich, seinen Treibhausgas-Ausstoß im genannten Zeitraum um 21 Prozent zu senken und hat dieses Ziel erreicht.

    [Anmerkung Faggot For Future: Allerdings lag diese Entwicklung nicht nur an den Maßnahmen, die zur Senkung der Emissionen ergriffen wurden, sondern auch an anderen politischen Entwicklungen, wie der Finanzkrise oder dem Zusammenbruch der osteuropäischen Volkswirtschaften nach dem Zerfall des Ostblocks. Dass die Emissionen Deutschlands von 1990 bis 2018 um insgesamt 31,4 Prozent zurückgingen, geht neben politischen Initiativen auch auf die wirtschaftlichen Folgen der Wiedervereinigung für die Bundesländer der ehemaligen DDR zurück.]4

    Nach mehrjährigen Verhandlungsrunden einigten sich die Vertragsstaaten 2012 auf der Klimakonferenz in Doha (Katar) auf eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis 2020. Allerdings nahmen nicht mehr alle Vertragsstaaten an dieser zweiten Verpflichtungsperiode teil.

    In Nachfolge des Kyoto-Protokolls wurde im Dezember 2015 das Klimaabkommen von Paris verabschiedet. Das „Übereinkommen von Paris“ wurde am 12. Dezember 2015 auf der Weltklimakonferenz in der französischen Hauptstadt beschlossen. Im Sinne der kurz zuvor verabschiedeten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verpflichteten sich mit diesem Übereinkommen 195 Staaten, den Klimawandel einzudämmen und die Weltwirtschaft klimafreundlich umzugestalten.

    Die drei Hauptziele des Abkommens sind in Artikel 2 festgehalten:

    • Beschränkung des Anstiegs der weltweiten Durchschnittstemperatur
    • Senkung der Emissionen und Anpassung an den Klimawandel
    • Lenkung von Finanzmitteln im Einklang mit den Klimaschutzzielen

    Konkret heißt es in dem Abkommen, dass der weltweite Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad Celsius, auf jeden Fall aber auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter beschränkt werden soll. Nur so könne eine gegenüber den Folgen des Klimawandels widerstandsfähige Entwicklung gewährleistet werden.
    Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden, als der Atmosphäre durch sogenannte Kohlenstoffsenken, also etwa Wälder, entzogen werden. Diese „Treibhausgas-Neutralität“ kann nur erreicht werden, wenn die Weltwirtschaft schnell und konsequent deutlich weniger Kohlenstoff freisetzt („Dekarbonisierung“).
    Auch die Anpassungsfähigkeit (Adaption) der betroffenen Länder an ein verändertes Klima soll verbessert werden und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels erhöht werden.
    Eine milliardenschwere Umlenkung der globalen staatlichen und privaten Finanzströme in nachhaltige Investitionen – eines der langfristigen Ziele des Übereinkommens von Paris – ist hierzu Voraussetzung.

  • 3. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: https://www.bmz.de/de/service/lexikon/klimaabkommen-von-paris-14602. (aufgerufen am 31.03.2023, Text von Faggots For Future strukturell geändert).
  • 4. Bundeszentrale für Politische Bildung: https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/305233/vor-15-jahren-das-kyoto-protokoll-tritt-in-kraft/ . (aufgerufen am 31.03.2023).
  • Alle Staaten in der Pflicht

    Das Klimaabkommen regelt auch, dass Entwicklungsländer [Anmerkung Faggot For Future: meist kolonial ausgebeutete Länder] finanziell sowie durch Wissens- und Technologietransfer dabei unterstützt werden, ihre Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu verwirklichen.
    Anders als das 2020 ausgelaufene Kyoto-Protokoll, das nur wenige Industriestaaten dazu verpflichtete, ihre Emissionen zu senken, bindet das Klimaabkommen von Paris alle Staaten der Erde ein. Sie haben sich völkerrechtlich verpflichtet, einen nationalen Klimabeitrag (englisch: Nationally Determined Contribution, NDC) und konkrete Schritte zu seiner Umsetzung zu erarbeiten. Über die Fortschritte ihrer Bemühungen müssen die Staaten regelmäßig berichten.
    Das Übereinkommen von Paris trat nach einem außergewöhnlich schnellen Ratifizierungsprozess im November 2016 in Kraft. Ende 2018 verabschiedete die Staatengemeinschaft ein umfassendes Regelwerk, das die Umsetzung des Übereinkommens im Detail festlegt. Die USA kündigten Mitte 2017 ihren Austritt aus dem Klimaabkommen zum Jahr 2020 an, allerdings erfolgte im Januar 2021 bereits der Wiedereintritt. Zuletzt vervollständigten und bekräftigen die Staaten der Welt die Richtlinien des Pariser Klimaabkommens auf der der Konferenz der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Glasgow 2021. Zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens hat die Europäische Union 2019 den European Green Deal⁠ (Europäischer Grüner Deal) beschlossen.

    Der Lawsuit steht dir gut: Klimagerechtigkeit einklagen

    Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe und Strasbourg
    Bereits 2018 hatten drei schon heute unmittelbar von den Folgen der Klimakrise betroffene Familien, die von ökologischer Landwirtschaft leben, gemeinsam mit Greenpeace Klage gegen die damalige Bundesregierung beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Das Gericht wies die Klage zwar in erster Instanz ab, stellte aber klar, dass Klagen auf mehr Klimaschutz grundsätzlich zulässig sein können und dass sich Klimapolitik an den Erkenntnissen der Wissenschaft orientieren muss.
    Weitere junge Menschen ließen die deutsche Klimapolitik überprüfen, dieses Mal vom Bundesverfassungsgericht. Bereits im Februar 2020 reichten sie eine Verfassungsbeschwerde ein. Die Klägerinnen kritisieren, dass die Bundesregierung mit dem 2019 verabschiedeten Klimaschutzgesetz weiterhin nicht genug gegen die Klimakrise unternimmt, also ihrem im Grundgesetz verankerten Schutzauftrag nicht nachkommt.  Das deutsche Klimaschutzgesetz ignoriert, dass der Ausstoß von Treibhausgasen so schnell wie möglich sinken muss, wenn der Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, wie im Jahr 2015 völkerrechtlich verbindlich in Paris vereinbart. Zum einen reicht dafür die von der Bundesregierung angestrebte Verringerung der Treibhausgase um 55 Prozent bis zum Jahr 2030 nicht aus. Zum anderen kann mit den bisher verabschiedeten Maßnahmen im Klimaschutzgesetz nicht einmal dieses ohnehin zu schwache Ziel überhaupt erreicht werden. Die Klägerinnen sind die junge Generation, die mit den Konsequenzen der Klimakrise leben muss und sie sehen ihre im Grundgesetz verankerten Rechte in Gefahr: Ihr Recht auf Eigentum zum Beispiel, ihr Recht auf freie Wahl von Beruf und Arbeitsplatz. Von ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit mal ganz zu schweigen, wenn durch die Erderhitzung Überflutungen und Hitzewellen zunehmen, Stürme heftiger werden und die Biobauernhöfe ihrer Familien in ihrer Existenz bedroht werden. 
    Das Bundesverfassungsrecht bestätigt der eine Verletzung der Freiheitsrechte und erklärt, dass das Bundes-Klimaschutzgesetz aus ihrer Sicht zu kurz greift. Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber, bis Ende 2022 die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln. Erster Erfolg in der Klimaklage! 5

    Das daraufhin verschärfte Bundes-Klimaschutzgesetz reicht jedoch nachweislich immer noch nicht, um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten: Das für Deutschland zur Verfügung stehende CO2-Restbudget wird weiterhin nicht eingehalten.Das Bundesverfassungsgericht wies 2022 eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen das Bundesklimaschutzgesetz ab und macht so den Weg für eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) frei. Die Beschwerde vor dem EGMR ist das erste aus Deutschland heraus betriebene Verfahren dieser Art und eine wichtige Ergänzung der dort bereits anhängigen Klimaklagen. So klagen bereits die „Klimaseniorinnen“ aus der Schweiz sowie portugiesische Jugendliche. Beide Verfahren werden wegen der Wichtigkeit des Themas als „Priorität“ behandelt. 6

  • 5. Bearbeitete Auszüge aus:https://www.greenpeace.de/klimaschutz/klimakrise/zweite-klimaklage-verfassungsbeschwerde .(Aufgerufen am 01.04.2023).
  • 6. Bearbeitete Auszüge aus der Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe: https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/wichtige-klimaklage-erstmals-ziehen-deutsche-jugendliche-und-junge-erwachsene-unterstuetzt-von-der-d/ (Aufgerufen am 01.04.2023).
  • Eine Shelle für Shell

    Im April 2019 reichte die niederländische Umweltschutzorganisation Milieudefensie/Friends of the Earth Netherlands mit Greenpeace, weiteren Umweltschutzorganisationen sowie 17.000 Bürgerinnen Klage gegen den multinationalen Öl- und Erdgaskonzern Shell ein: Shells Beitrag zum Klimawandel verletze Menschenrechte. Etwa eine halbe Millionen Euro wurden gespendet, um die Gerichtskosten zu tragen. Die Forderung der Umweltschützerinnen: Bis 2030 soll Shell seine Emissionen um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 senken, bis 2050 sollen sie emissionsneutral sein – entsprechend des Pariser Klimaabkommens. Es geht jedoch nicht nur um die Emissionen des Konzerns selbst, auch die Kundinnen des Giganten, darunter Fluggesellschaften, Autofahrerinnen an den Tankstellen und Hausbesitzer*innen, die mit Öl und Gas heizen, sollen reduzieren. Shell soll mit seinen Produkten nicht noch mehr Schaden anrichten dürfen. Diesen Forderungen hat das Gericht in Den Haag 2021 vollumfänglich entsprochen.

    Weiterführende Links

    Klimawandel

    Klimaschutzabkommen

    Ozonpolitik

    Klimaklagen

    https://www.youthvgovfilm.com/

    — Deutschland

    — Niederlande/Shell